Niederländische Armee wird stärker: Waffensysteme der neuen Generation auf dem Weg

Die Niederlande haben ein umfassendes Modernisierungsprogramm gestartet, das ihre Verteidigungsfähigkeit deutlich steigern soll. Im Rahmen von 17 verschiedenen Ausrüstungsprojekten, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen, will die niederländische Armee bereits im Jahr 2029 Torpedoabwehrtorpedos beschaffen, noch in diesem Jahrzehnt das Standard-Sturmgewehr der Streitkräfte ersetzen und ihre schwere Infanteriebrigade mit kettengetriebenen gepanzerten Mehrzweckfahrzeugen ausstatten.

Die Gesamtkosten dieser geplanten Projekte werden auf mindestens 1,45 Milliarden Euro (ca. 1,65 Milliarden US-Dollar) geschätzt, wenn man sie nach der unteren Grenze des für jedes Projekt festgelegten Budgetrahmens berechnet. Dies geht aus dem „A-Brief“ hervor, den das niederländische Verteidigungsministerium am Mittwoch dem niederländischen Parlament vorlegte und in dem der künftige Ausrüstungsbedarf detailliert beschrieben wird.

„Es ist von entscheidender Bedeutung, dass das Verteidigungsministerium rechtzeitig über die notwendige Verteidigungsausrüstung verfügt, um unsere Abschreckung zu stärken und unserer Verantwortung als verlässlicher NATO-Verbündeter gerecht zu werden. Mit diesem umfassenden ‚A-Brief‘ unternimmt das Verteidigungsministerium einen wichtigen Schritt hin zu mehr Flexibilität und weniger interner Bürokratie bei Beschaffungsprozessen“, sagte der niederländische Verteidigungsminister Gijs Tuinman.

Die Niederlande haben ihren Verteidigungshaushalt für 2024 auf 21,4 Milliarden Euro erhöht, nachdem sie 2025 bereits 22 Milliarden Euro für die Verteidigung ausgegeben hatten. Das Land ist derzeit dabei, seine Luftabwehrfregatten, seine U-Boot-Abwehrfregatten und seine U-Boot-Flotte zu erneuern. Bei den Landstreitkräften laufen Bemühungen, die 43. Mechanisierte Brigade in ein vollwertiges Panzerbataillon und eine schwere Infanteriebrigade umzuwandeln, die mit mobilen Luftabwehrsystemen ausgestattet ist.

Seestreitkräfte werden stärker: Torpedoabwehrsystem kommt

Die Niederlande planen, ihre zukünftigen Fregatten, U-Boote und neuen amphibischen Transportschiffe mit Hard-Destruct-Systemen auszustatten, um sich wirksam gegen unbemannte Unterwasserfahrzeuge wie Drohnen und Torpedos verteidigen zu können. Laut Aussage von Minister Tuinman werden die ersten Plattformen, die mit dem Anti-Torpedo-System (ATT) ausgestattet werden, die Fregatten der neuen Generation zur U-Boot-Abwehr sein.

Nach Angaben des niederländischen Verteidigungsministeriums wird der Entwicklungsprozess dieser Anti-Torpedowaffe vom Demonstrationsmodell bis hin zu einem serienreifen Entwurf im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) der Europäischen Union bis 2028 fortgesetzt. Die Niederlande beabsichtigen dann, ab 2029 „qualifizierte ATT“-Systeme zu beschaffen, wenn die erste neue niederländische ASW-Fregatte einsatzbereit sein soll.

Das Ministerium gibt an, dass für die Investitionen in die Torpedoabwehr im Zeitraum 2025–2039 ein Budget zwischen 250 Millionen und einer Milliarde Euro vorgesehen sei. Laut Tuinman würde eine mögliche internationale militärische Zusammenarbeit im Rahmen der PESCO die technischen Entwicklungs- und Finanzrisiken erheblich reduzieren.

Zu den weiteren großen Investitionsprojekten der Marine gehört der Ersatz vorhandener Mark 48-Torpedos durch moderne Äquivalente für die neuen U-Boote der Orka-Klasse, die von der Naval Group gebaut werden sollen. Die Auslieferung der neuen Torpedos ist für Anfang der 2030er Jahre geplant. Die Niederlande wollen außerdem in unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) und unbemannte Überwasserfahrzeuge (USVs) für maritime Aufklärungs-, Überwachungs- und Aufklärungsmissionen investieren und diese Plattformen zur U-Boot-Abwehr (ASW) einsetzen. Das Budget für jedes dieser beiden Projekte ist auf 50 bis 250 Millionen Euro festgelegt.

Neue gepanzerte Fahrzeuge für Landstreitkräfte:

Die Niederlande planen den Kauf von schätzungsweise 100 bis 150 gepanzerten Kettenfahrzeugen für die Schwere Infanteriebrigade der Landstreitkräfte. Diese Fahrzeuge sollen in verschiedenen Funktionen eingesetzt werden, unter anderem als Transport-, Führungs-, Sanitäts-, Pionier- und Personentransportfahrzeuge. Die Kosten dieser Großakquisition werden voraussichtlich zwischen 250 Millionen und einer Milliarde Euro liegen.

Das Verteidigungsministerium plant, diese Kettenfahrzeuge im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne Ausschreibung aus einer Hand zu beschaffen. Minister Tuinman begründete diese Entscheidung damit, dass man „durch den Kauf bereits bekannter und zuvor erworbener Systeme einen schnellen Vertragsabschluss sicherstellen und so deutlich von der Lieferzeit profitieren“ wolle.

Minister Tuinman machte zwar keine näheren Angaben zu dem Kettenfahrzeugmodell, das die Niederlande kaufen wollen, es ist jedoch bekannt, dass sich im Bestand der 43. Mechanisierten Brigade unter anderem Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 sowie Schützenpanzer vom Typ CV90 von BAE Systems Hägglunds befinden. Der CV90 ist in mehreren Varianten für unterschiedliche Missionen erhältlich, darunter auch als gepanzerter Mannschaftstransportwagen.

Anfang dieser Woche gab die schwedische Regierung bekannt, dass Schweden, Finnland, Norwegen und Litauen einen gemeinsamen Kauf von CV90-Schützenpanzern vorbereiten. Es ist noch nicht klar, ob die Niederlande dieser potenziellen Partnerschaft beitreten werden.

Änderungen am Standard-Sturmgewehr:

Ein weiterer wichtiger Punkt auf der niederländischen Projektliste, der die Landstreitkräfte unmittelbar betrifft, ist der Ersatz der derzeitigen Standard-Sturmgewehre der Streitkräfte, der Karabiner Colt C7 und C8. Im Rahmen dieses Projekts, das für den Zeitraum 2027–2041 mit einem Budget zwischen 250 Millionen und einer Milliarde Euro ausgestattet ist, werden die vorhandenen Gewehre seit 1 modernisiert, erreichen aber 2009 das Ende ihrer technischen Lebensdauer. Das Ministerium strebt an, die ersten Lieferungen der neuen Waffen noch in diesem Jahrzehnt durchzuführen.

Das Verteidigungsministerium plant, mehrere Varianten derselben Waffe von einem einzigen Lieferanten zu kaufen. Zudem wird betont, dass für einen möglichen Kauf eine Zusammenarbeit mit Partnerländern angestrebt wird, um die Interoperabilität zu erhöhen. Die Niederlande geben an, dass mehrere Partner- und Verbündete ähnliche Waffen einsetzen oder planen, sich diese kurzfristig anzuschaffen.

Neue Maschinengewehre für Hubschrauber und Schiffe:

Die Niederlande werden außerdem rund 200 mehrläufige Maschinengewehre zur Ausrüstung von Hubschraubern und Schiffen kaufen. Das für diesen Kauf vorgesehene Budget beträgt zwischen 50 und 250 Millionen Euro. Angesichts der zunehmenden Konfliktintensität sucht das Verteidigungsministerium nach einer Waffe mit höherer Feuerrate als die vorhandenen Maschinengewehre MAG 7.62 mm und Browning .50.

Das Ministerium betont, dass technische Verbesserungen bei mehrläufigen Maschinengewehren die Ausfallwahrscheinlichkeit im Vergleich zu bestehenden Waffen verringern und verbesserte Kampffähigkeiten die Überlebenschancen und Einsatzbereitschaft von Plattformen wie Marineschiffen und Hubschraubern deutlich erhöhen werden.

Neue taktische Waffe für F-35:

Die Niederlande sagen, dass moderne F-35-Kampfjets eine taktische Waffe mit hoher Überlebensfähigkeit benötigen, die immun gegen Munitionsabwehrsysteme ist und gegen gut verteidigte Ziele eingesetzt werden kann. Für die Anschaffung einer solchen Waffe stehen dem Ministerium zufolge zwischen 2027 und 2032 Budgets zwischen 50 und 250 Millionen Euro zur Verfügung.

Bei der Freifallmunition, die für den aktuellen taktischen Einsatz verwendet wird und mit der die niederländische F-35-Flotte ausgerüstet ist, handelt es sich um präzisionsgelenkte Kurzstreckenwaffen mit geringer Überlebenschance aufgrund ihrer geringen Geschwindigkeit oder hohen Radarreflexion. Das Ministerium fügt hinzu, dass der Einsatz dieser Munition aufgrund ihrer Anfälligkeit gegenüber Witterungsbedingungen, Tarnung, Täuschung und Störwirkung eingeschränkt sei.

Deutliche Reduzierung der Bürokratie bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern:

Die Niederlande nehmen erhebliche Änderungen an ihren Beschaffungsbemühungen im Verteidigungsbereich vor, um die Bürokratie abzubauen und den Prozess zu beschleunigen. Die Schwelle für die parlamentarische Anzeige wird auf 50 Millionen Euro und die parlamentszustimmungspflichtige Investitionssumme von 100 Millionen Euro auf 250 Millionen Euro erhöht.

„Seit der Invasion Russlands in der Ukraine im Februar 2022 hat das Verteidigungsministerium eine Reihe neuer Maßnahmen umgesetzt, um die Agilität zu erhöhen, Prozesse zu beschleunigen und die interne Bürokratie abzubauen“, sagte Minister Tuinman und betonte, dass diese Änderungen eine entscheidende Rolle bei der Beschleunigung des Modernisierungsprozesses der Verteidigung spielen werden. Ziel der umfassenden Modernisierungsoffensive der Niederlande ist es, ihre Position innerhalb der NATO zu stärken und durch eine deutliche Steigerung der Verteidigungsfähigkeiten des Landes eine aktivere Rolle in der regionalen Sicherheit zu spielen.