
Die zunehmende Häufigkeit von Schäden an der Unterwasserinfrastruktur in ganz Europa wirft rechtliche Fragen hinsichtlich der Zuständigkeit und des Eigentums an Unterseekabeln auf. Dies könnte die Handlungsfähigkeit der NATO in der Region einschränken und eine ernsthafte Bedrohung für die internationale Sicherheit darstellen.
Unterwasserinfrastruktur und rechtliche Herausforderungen
Unterwasserkabel sind für wichtige Dienste wie Telekommunikation, Internet und Energieübertragung von entscheidender Bedeutung. Allerdings liegt ein Großteil dieser Infrastruktur in internationalen Gewässern, sodass Saboteure Kontrolllücken ausnutzen können.
Kapitän Niels Markussen, Direktor des Maritimen Zentrums für die Sicherheit kritischer Unterwasserinfrastrukturen der NATO, erklärt: „Sobald man die Hoheitsgewässer verlässt, gibt es im Prinzip nicht mehr viele Vorschriften. „Das macht die Region für diejenigen attraktiv, die außerhalb des Zuständigkeitsbereichs tätig sein wollen.“
Eine weitere Herausforderung besteht darin, festzustellen, ob der Schaden versehentlich oder vorsätzlich verursacht wurde. Während sich die Behörden bei Sabotageakten an Land auf Beweise wie DNA und Fingerabdrücke stützen können, ist der Nachweis solcher Taten unter Wasser weitaus schwieriger.
Völkerrecht und Unterseekabel
Die Feststellung, wer für die Sabotage verantwortlich ist, wird dadurch erschwert, dass je nachdem, wo die Kabel verlegt sind, unterschiedliche Gesetze gelten, heißt es in einem Bericht des Atlantic Council.
Küstenstaaten wie Norwegen oder Schweden verfügen nach Artikel 21 des UN-Seerechtsübereinkommens über souveräne Rechte in ihren Hoheitsgewässern und sind berechtigt, Unterseekabel innerhalb ihrer ausschließlichen Wirtschaftszonen zu reparieren und zu warten. Wenn es jedoch um die Beschädigung von Infrastruktur in internationalen Gewässern geht, kommt es zu Verwirrung hinsichtlich der Zuständigkeit.
„Wenn Kabel vorsätzlich oder versehentlich durch ein Schiff oder eine Person beschädigt werden, liegt die Befugnis zur Festlegung der angemessenen Strafe für den Täter bei dem Staat, unter dessen Flagge das Schiff fährt, oder dem Staat, dessen Staatsangehöriger die Person ist“, heißt es in dem Bericht. Es läutet.
Die zunehmende Rolle privater Unternehmen
Ein weiteres großes Problem besteht darin, dass sich der überwiegende Teil der Untersee-Kommunikationsinfrastruktur im Besitz privater Telekommunikationsunternehmen befindet. Technologiegiganten wie Google, Meta und Amazon investieren zunehmend in die Finanzierung neuer Unterseekabel, sodass 99 Prozent dieser Infrastruktur unter der Kontrolle des Privatsektors stehen.
Diese Situation erhöht die Sicherheitsrisiken, da die Befugnisse der Staaten, Infrastrukturen zu schützen und Maßnahmen gegen Sabotage zu ergreifen, eingeschränkt werden.
Die unbemannte Überwachungsinitiative der NATO
Im Januar 2024 kündigte Admiral Pierre Vandier, der in Norfolk (Virginia) stationierte Befehlshaber der NATO für Konzeption und Transformation, den Plan der NATO an, kritische Unterwasserinfrastrukturen mithilfe unbemannter Überwasserschiffe und Drohnentechnologie zu schützen.
In diesem Zusammenhang ist der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge im Rahmen der maritimen Patrouillenmission in der Ostsee geplant. Diese Systeme werden in andere unbemannte Systeme integriert, die die NATO von ihren Mitgliedern erhält, wodurch Sabotageakte und Schadenserkennung beschleunigt werden. „In weniger als ein paar Wochen werden wir neue Drohnen einführen und acht Ostseestaaten werden ihre Drohnen der NATO überlassen“, sagte Vandier und fügte hinzu, dass das System bald eingeführt werde.
Die zunehmenden Schäden an der Unterwasserinfrastruktur in Europa stellen für die NATO und andere Länder eine kritische Sicherheitsherausforderung dar. Gesetzeslücken, komplexe Rechtsprechungsstrukturen und die zunehmende Rolle privater Unternehmen schaffen ein günstiges Umfeld für Saboteure. Die Bemühungen der NATO, dieser Bedrohung mit unbemannten Überwachungstechnologien zu begegnen, könnten ein entscheidender Schritt zum Schutz der internationalen Unterwasserinfrastruktur sein.